Insider der Funkerszene wissen seit Jahren, was sich nunmehr immer klarer herausstellt: Der neue BOS-Digitalfunk erweist sich kostenmässig als ein Fass ohne Boden. Gelinde als "Super-GAU" der Kostenexplosion lässt sich ein Bericht des "Behördenspiegel" vom 10. August 2009 bezeichnen. Mit Berufung auf Informationen aus dem Haushaltsausschuss und des Innenministeriums heisst es hier u.a:
So sollen allein die Kosten, die der Bund als Anteil an der Netzinfrastruktur zahlen muss, um 30 Prozent auf 3,625 Milliarden Euro steigen. Überraschend hoch sollen auch die Kosten für das derzeitige Interimsnetz sein, das von EADS und T-Systems gestellt wird: Zum Jahresende 2009 sind für dieses Versuchsnetz 190 Millionen Euro fällig, eine Summe, die der Behördenspiegel als "unglaublich und nicht nachvollziehbar" bezeichnet. Als Gründe führt das Blatt die Unerfahrenheit der Mitarbeiter in der neu installierten Bundesanstalt für den Digitalfunk (BDBOS) an, die überraschend operative Aufgaben übernehmen mussten.
Auch seien von den IT-Beratungshäusern nur recht unerfahrene Berater eingesetzt worden. Ursache dafür sollen zu niedrige Tagessätze für Beratungsleistungen sein. Bei allen hier genannten Beträgen dürfte es sich lediglich nur um die Spitze des Eisbergs handeln - die tatsächlichen Kosten liegen wie bei anderen bisherigen Bundesprojekten (z.B. Magnetbahntrassen und LKW-Maut) erheblich höher. Die genannten 3,625 Mrd Euro sind als fakultativ zu den bisher fälligen rund 4,5 Mrd Euro anzusehen.
Weitere Kostensteigerungen sind nicht auszuschliessen. Ausserdem erscheinen die hier erwähnten "recht unerfahrenen Berater und Mitarbeiter" wenig glaubhaft. Tatsächlich wurden die tatsächlich anfallenden Kosten wegen den innerhalb diesen Schreibens ausführlich erwähnten Mängel und Risiken beim BOS-Digitalfunk durch die Verantwortlichen schlicht und einfach grenzenlos unterschätzt. Vom "Behördenspiegel" werden rund 4300 für ganz Deutschland benötigte Basisstationen erwähnt. Andere Studien gehen von mindestens 5000-7000 benötigten Basisstationen aus.
Laut BR vom 08.07.2009 betragen die laufenden Betriebskosten nach Angaben von Bayerns Innenstaatssekretär Weiss gegenüber dem Ausschuss für innere Sicherheit schätzungsweise 37 Mio Euro pro Jahr, beim bisherigen Analogfunk sind es rund 8 Mio Euro - entspricht einer gut vierfachen Kostensteigerung! Die geschätzten Gesamtkosten für Bayerns Digitalfunk bis 2021 beliefen sich auf 800 Mio Euro, allein die Betriebskosten werden mit rund 450 Mio Euro veranschlagt.
Berlins Innensenator Körting erwähnte in der Berliner Morgenpost vom 19.05.2009 laufende jährliche Betriebskosten für den Digitalfunk von gut 10 Mio Euro. Dass die Kosten offenbar völlig aus dem Ruder laufen, zeigt auch ein Original-Teilzitat der "Berliner-Zeitung" vom 19.05.2009: Pro Vermittlungsstelle (Basisstation) - in Berlin insgesamt 38 Basisstationen waren ursprünglich 1,5 Millionen Euro errechnet worden. Letztendlich kosteten sie das Doppelte. In anderen Bundesländern verhält es sich ähnlich: Erheblich höhere laufende Digitalfunkbetriebskosten als beim bisherigen Analogfunk!
Auch die in Funkerkreisen lange bekannten grossen Reichweitenprobleme des BOS-Digitalfunks im Vergleich zum bisherigen Analogfunk schlagen nunmehr teuer zu Buche.
Bundesinnenminister Schäuble musste am 18.05.2009 anlässlich des mit grossem Medienaufwand erfolgten Digitalfunk-Starts in Berlin öffentlich einräumen, dass wegen der Reichweitenproblematik viel mehr Funkmasten/Basisstationen benötigt werden, als eigentlich vorgesehen. Wie bereits laut Behördenspiegel erwähnt, werden mindestens 4300 Basisstationen/Relaisumsetzer für ganz Deutschland benötigt. Andere Studien gehen von mind. 5000-7000 benötigten Umsetzern aus, was wegen besagten Reichweitenproblemen technisch realistischer erscheint.
Im Vergleich zum bisherigen Analogfunk - hier grösstenteils jeweils unabhängige Kanäle/Frequenzen, wären beim BOS-Digitalfunk in Fällen von Störungen oder Ausfällen alle Benutzer der Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste gleichermassen betroffen. Beim Analogfunk merkt z.B. die Polizei nichts von Funkproblemen bei der Feuerwehr. Auch sind für solche Fälle von Störungen und Ausfällen einzelner Analogfunkkanäle/Frequenzen grundsätzlich genügend Reserven vorgesehen, wohin die Betroffenen problemlos wechseln können. Flächendeckende Störungen/Ausfälle sind im Vergleich zum BOS-Digitalfunk beim bisherigen Analogfunk technisch nicht möglich. Nicht zu vergessen wäre auch, dass bei eventueller Erhöhung der Datenrate von rund 3 KB/sek alle bisher angeschafften BOS-Digitalfunkgeräte wiederrum ausgestauscht bzw. ersetzt werden müssten, weil sie für höhere Datenraten inkompatibel sind, was bereits u.a. von Berlins Innensenator Körtig in den Jahren 2007 und 2008 eingeräumt werden musste. Am Beispiel Niedersachsen beträfe dieses allein 14.000 Geräte, Berlin gut 20.000 Endgeräte, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt jeweils rd. 18.500 Geräte. Laut Angaben des BR vom 08.07.2009 benötigt Bayern laut ersten Schätzungen rund 100.000 Endgeräte. Der Einzug ins "Schwarzbuch" vom Bund Deutscher Steuerzahler in gleich zwei Kapitel "Teure Fehler" und "Kostenexplosion" dürfte für den BOS-Digitalfunk problemlos machbar sein und einen bis dahin einmaligen Vorgang insgesamt darstellen!
Ein innerhalb eines demokratischen Zusammenlebens äusserst fragwürdiges Gebahren offenbart zum Abschluss dieses Beitrags folgende Absicht der Bundesregierung:
Laut diversen Infos schlägt der Bundesrat in einer Gesetzesentwurf-Stellungnahme vom 15.05.2009 vor, dass die Gesamtzahl der Digitalfunk-Basisstationen als geheime Verschlussache zu behandeln wäre. Laut sinngemässer Begründung handele es sich um ein "Hochsicherheitsnetz". Die öffentliche Einsichtnahme der Gesamtzahl, Sendeleistung und Standort der jeweiligen Basisstation könne die Existenz der Bundesrepublik Deutschland bzw. einzelner Länder gefährden.
Spekulativ gesagt, dürften sich deshalb die wahren Gründe für das Gesetz im Rahmen der bewussten Vorenthaltung der Mängel und Risken des Digitalfunks gegenüber der breiten Öffentlichkeit bzw. Unterdrückung von Bürgerprotesten bewegen. Das Bundesinnenministerium räumte nämlich im Mai 2009 u.a. ein, dass Bürgerproteste erhebliche Zeitverzögerungen hinsichtlich der Standortaquisition und der endgültigen Digitalfunkeinführung mit sich brächten.
Diverse Bügerproteste z.B. in Hohenneuendorf bei Berlin im Jahre 2009 führten bereits dazu, dass Digitalfunkmasten entgegen der ursprünglichen Planung nunmehr Standorte ausserhalb von Wohngebieten/Ortschaften bekamen.
Bei Inkrafttreten des geplanten Gesetzes wäre ferner die freie Berichterstattung aller Medien zum Thema BOS-Digitalfunk erheblich eingeschränkt bzw. völlig unterbunden. Dieses verstösst u.a. gegen die geltende Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, wonach alle Medien sinngemäss uneingeschränkt überparteilich, wertneutral und objektiv berichten dürfen. Von Möglichkeiten der Bürgerinitiativen und deren zukünftig eingeschränkten Einspruchschancen ganz abgesehen. Über weitere Entwicklungen hinsichtlich des BOS-Digitalfunks wird an dieser Stelle auch zukünftig berichtet werden.
Info: Manuel von Aster, DL5AFN
Die technischen Probleme kann jeder nachvollziehen, indem man bei DVB-T oder DVB-S mal ein wenig mit der Antennenausrichtung experimentiert. Bitte vorher die funktionierende Antennenrichtung markieren, sonst wird das Wiederfinden der richtigen Richtung evtl problematisch. Das Bild fängt bei schlechtem Empfang nicht einfach zu rauschen an, sondern es kommt zu spontanen Aussetzern und dann zum Totalausfall. Aufgrund der digitalen Signalwandlung und –verarbeitung (inkl. Fehlerkorrektur) ist das Finden bzw. Wiederfinden einer brauchbaren Position immer zeitverzögert und daher äussert schwierig. Im mobilen bzw. portablen Betrieb verschärft sich die Problematik weiter.
Info: Kommentar von Peter Bartsch, DF1LNF
(Quelle: Frankenrundspruch KW41/2009)
siehe auch Artikel vom 12.11.2007 und 16.10.2008