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Astronomen haben mit dem New Technology Telescope der ESO und dem NASA/ESA Hubble Space Telescope mehr als 100 Planetarische Nebel in der zentralen Ausbuchtung, dem sogenannten Bulge, unserer Galaxie untersucht. Dabei stellten sie fest, dass die schmetterlingsförmigen Mitglieder dieser kosmischen Familie auf eine rätselhafte Weise ausgerichtet zu sein scheinen – ein überraschendes Ergebnis, wenn man bedenkt, wie unterschiedlich ihre Geschichte und Eigenschaften sind.

Der letzte Lebensabschnitt eines Sterns wie unserer Sonne endet mit dem Abstoßen seiner äußeren Schichten, wodurch Objekte entstehen, die als Planetarische Nebel bezeichnet werden und in einer Fülle an wunderschönen und atemberaubenden Gestalten vorkommen. Eine Unterart dieser Nebel, die als bipolare Planetarische Nebel bezeichnet wird, erscheint als geisterhafte Sanduhr oder Schmetterling um seinen Mutterstern.

Alle diese Nebel sind an verschiedenen Orten entstanden und besitzen unterschiedliche Eigenschaften. Weder die einzelnen Nebel, noch die Sterne aus denen sie entstanden sind, konnten jemals miteinander wechselwirken. Dennoch zeigt nun eine neue Studie, durchgeführt von Astronomen von der University of Manchester in Großbritannien überraschende Ähnlichkeiten zwischen manchen dieser Nebel: Viele von ihnen sind am Himmel auf gleiche Art und Weise ausgerichtet [1].

„Das ist ein wirklich überraschender Befund und, wenn er sich bewahrheitet, ein sehr wichtiger”, erklärt Bryan Rees von der University of Manchester, einer der beiden Autoren des Fachartikels. „Viele dieser geisterhaften Schmetterlinge scheinen ihrer Längsachse nach entlang der Ebene unserer Milchstraße ausgerichtet zu sein. Anhand der Bilder von Hubble und dem NTT konnten wir einen detaillierten Blick auf diese Objekte werfen und sie somit mit hoher Genauigkeit untersuchen.”

Die Astronomen haben 130 planetarische Nebel im sogenannten Bulge untersucht, der zentralen Verdickung der Milchstraße. Sie haben drei verschiedene Typen identifiziert [2] und sich deren Eigenschaften und Erscheinungsbild genau angeschaut.

„Während zwei dieser Populationen wie erwartet vollkommen zufällig am Himmel ausgerichtet waren, wies die dritte Population – die bipolaren Nebel – eine erstaunliche Präferenz für eine bestimmte Ausrichtung auf", erläutert Albert Zijlstra, der Zweitautor des Fachartikels und ebenfalls von der University of Manchester. „Obwohl jegliche axiale Ausrichtung überraschend wäre, ist es noch überraschender diese in der überfüllten Zentralregion unserer Galaxie zu finden.”

Man geht davon aus, dass Planetarische Nebel durch die Rotation des Sternsystems, aus dem sie entstehen, geformt werden. Diese hängt von den Eigenschaften des jeweiligen Systems ab – wie zum Beispiel ob es ein Doppelsternsystem ist [3] oder ob sich Planeten auf Umlaufbahnen um den Stern befinden. Beide Merkmale können die Form der abgestoßenen Blase stark beeinflussen. Die bipolaren Nebel gehören zu den extremsten Formen und werden vermutlich durch Gasjets verursacht, die Masse aus dem Doppelsternsystem senkrecht zu dessen Umlaufbahn ausstoßen.

„Die Ausrichtung, die wir für diese bipolaren Nebel beobachten, deutet darauf hin, dass an Sternsystemen innerhalb des Bulge irgendetwas skurril ist”, ergänzt Rees. „Damit sie sich so aufreihen, wie wir das beobachten, muss die Rotation der Sternsysteme, die sie gebildet haben, senkrecht zu den interstellaren Wolken gewesen sein, aus denen sie entstanden sind, was sehr merkwürdig ist.”

Während die Eigenschaften ihrer Vorgängersterne in der Tat diese Nebel formen, deutet dieser neue Fund auf einen anderen rätselhaften Einflussfaktor hin. Neben diesen komplexen stellaren Eigenschaften kommen noch jene unserer Milchstraße in Frage: Der gesamte zentrale Bulge rotiert um das galaktische Zentrum. Durch seine Magnetfelder könnte der Bulge einen stärkeren Einfluss auf unsere gesamte Milchstraße haben als bisher gedacht. Die Astronomen weisen darauf hin, dass starke Magnetfelder, die während der Bildung des Bulge präsent waren, das geordnete Verhalten der Planetarische Nebel verursacht haben könnten.

Da sich solche Nebel in unserer Nähe nicht auf so geordnete Weise ausrichten, müssen die Magnetfelder um ein Vielfaches stärker gewesen sein als in unserer heutigen Nachbarschaft [4].

„Wir können viel aus den Beobachtungen dieser Objekte lernen”, fasst Zijlstra zusammen. „Denn sollten sie sich tatsächlich auf diese unerwartete Art verhalten, hat dies nicht nur Konsequenzen für die Geschichte einzelner Sterne sondern für die Geschichte unserer gesamten Galaxie.”

Endnoten

[1] Die Längsachse eines bipolaren Planetarischen Nebels verläuft durch die Flügel des Schmetterlings, die kurze Achse durch dessen Körper verläuft.

[2] Die Formen der Abbildungen Planetarischer Nebel wurden gemäß Konvention in drei Typen unterteilt: elliptisch, entweder mit oder ohne eine ausgerichtete innere Struktur und bipolar.

[3] Ein Doppelsternsystem besteht aus zwei Sternen, die um ihren gemeinsamen Schwerpunkt kreisen.

[4] Nur sehr wenig ist über die Herkunft und Eigenschaften der Magnetfelder in unserer Galaxie in ihren jungen Jahren bekannt. Es ist also unklar, ob sie mit der Zeit stärker geworden oder abgeklungen sind.


(Quelle: ESO-Pressemitteilung / Dies ist eine Übersetzung der ESO-Pressemitteilung eso1338)

 

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