Die Ozonschicht über der Antarktis erholt sich. Wie Ozon-Messungen von Meteorologen des Alfred-Wegener-Institutes, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), belegen, sind die Ozonwerte innerhalb des Ozonlochs über der deutschen Antarktis-Forschungsstation Neumayer-Station III im Jahr 2012 zum wiederholten Male deutlich über den Rekordwerten aus dem Zeitraum 2000 bis 2009 geblieben. Eine Entwicklung, die Hoffnung macht.
„Wir können zum ersten Mal davon sprechen, dass unsere Daten eine Umkehr im Ozontrend abbilden. Die Ozonschicht erholt sich“, sagt Dr. Gert König-Langlo vom Alfred-Wegener-Institut und Leiter des Meteorologischen Observatoriums an der Neumayer-Station III.
Die Ozonsondierungen werden bei jedem Wetter durchgeführt – auch wenn es an der Neumayer-Station stü ... Foto: Stefan Christmann, Alfred-Wegener-Institut |
Erstreckte sich das Ozonloch beispielsweise nach dem antarktischen Winter des Jahres 2006 noch über eine Rekordfläche von rund 27 Millionen Quadratkilometer, betrug seine Ausbreitung im zurückliegenden Jahr nur noch rund 18 Millionen Quadratkilometer – eine Fläche rund 50 Mal so groß wie die Bundesrepublik Deutschland. Über der Neumayer-Station III verzeichneten die AWI-Forscher während der Ozonlochzeit des Jahres 2012 einen mittleren Ozonpartialdruck von sechs Millipascal. Im Negativrekordjahr 2006 hatte der vergleichbare Wert noch ein Millipascal betragen. Das heißt, das Ozon in 15 Kilometern Höhe war damals nahezu vollständig zerstört.
„Anzeichen für einen Heilungsprozess gibt es schon seit drei, vier Jahren. Nachdem aber im Jahr 2002 auf Grundlage hoher Messwerte voreilig das Ende des Ozonlochs vorhergesagt wurde, welches dann nicht eintrat, wollten wir diesmal mit unseren Schlussfolgerungen etwas zurückhaltender sein. Die Daten aus dem vergangenen Jahr aber haben uns nun vollends überzeugt. Das Ozonloch schließt sich“, so Gert König-Langlo.
Seine Analyse fußt auf Ballonmessungen, die deutsche Forscher seit 27 Jahren wöchentlich in der Antarktis durchführen. Es handelt sich dabei um die längste Ozon-Messreihe dieser Art an einer Forschungsstation unterhalb des Ozonlochs. „Kurz nach der Entdeckung des Ozonlochs durch britische Wissenschaftler Anfang der Achtziger Jahre, haben damals ostdeutsche Wissenschaftler an der DDR-Antarktis-Forschungsstation ‚Georg Forster’ damit begonnen, die Ozonwerte mit Ballonsonden zu messen. Nach der Wiedervereinigung hat das Alfred-Wegener-Institut diese Daten übernommen. Die Messungen haben wir ebenfalls fortgesetzt – zuerst an der alten Neumayer-Station II, seit dem Jahr 2009 an deren Nachfolgebau, der Neumayer-Station III“, erklärt Gert König Langlo.
Bis heute lassen die Meteorologen und Luftchemiker einmal pro Woche einen Heliumballon mit einer Ozonmesssonde vom Dach der Station bis in eine Höhe von rund 35 Kilometer steigen. Die Sonde funkt während ihres Aufstieges die Messwerte an die Station, wo sie erfasst, ausgewertet und in globale Wissenschaftsnetzwerke wie zum Beispiel das Network for the Detection of Atmospheric Composition Change (NDACC) eingespeist werden. „Die Neumayer-Station III ist eine von nur sechs Forschungsstationen in der Antarktis, an denen momentan Ozonwerte mit Radiosonden gemessen und somit auch Höhenprofile des Ozongehaltes gewonnen werden. In der Hochsaison des Ozonabbaus, also in den drei Monaten nach der Polarnacht, führen wir diese sehr aufwändigen Messungen sogar dreimal pro Woche durch. Damit ist diese Messreihe die mit Abstand interessanteste Datensammlung des Meteorologie-Observatoriums an unserer Neumayer-Station III“, sagt Gert König-Langlo.
Als Ursache für die verbesserten Ozonwerte kommt seiner Meinung nach nur das weltweite Verbot der Fluorchlorkohlenwasserstoffe in Frage. Dieses war im September 1987 im sogenannten „Montrealer Protokoll“ verabschiedet worden und am 1. Januar 1989 weltweit in Kraft getreten. „Es zahlt sich eben aus, dass wir seit Jahren auf FCKW verzichten und unsere Atmosphäre nicht mehr als Mülleimer benutzen“, sagt der Observatoriumsleiter mit einer gewissen Genugtuung in der Stimme. Er selbst hatte sich vor fast zehn Jahren in einem Interview gewünscht, dass er noch vor seinem Ruhestand „anstelle der stetig schlechten Nachrichten in Sachen Ozonloch über der Antarktis, auch mal von dessen Heilung“ berichten könne. Dieser Wunsch geht hiermit in Erfüllung.
Glossar:
Ozonloch
Als Ozonloch wird eine starke Ausdünnung der Ozonschicht bezeichnet. Diese wurde Anfang der Achtziger Jahre erstmals von britischen Wissenschaftlern über der Antarktis beobachtet und ist seitdem eine stetig wiederkehrende Erscheinung, die nach folgendem Muster abläuft:
Im antarktischen Winter (Polarnacht, Mai bis August) kühlt die Luft über der Antarktis wegen fehlender Sonnenstrahlung stark ab. Dadurch bildet sich in der Stratosphäre ein extrem starker Windwirbel um die Antarktis herum, der verhindert, dass ozonreiche Luft, die über den niedrigen Breiten gebildet wird, herangeführt werden kann. Durch die Abkühlung entstehen außerdem so genannte polare stratosphärische Wolken, die im Frühling zusammen mit der wieder einsetzenden Sonnenstrahlung die chemischen Reaktionen des Ozonabbaus in Gang setzen und verstärken.
Eine entscheidende Rolle spielen dabei die vom Menschen in die Atmosphäre gebrachten Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW). Deren Moleküle werden durch das Sonnenlicht in chemisch aktive Halogene – vor allem Chlor und Brom – gespalten, die dann wiederum das Ozon abbauen. Messdaten aus Jahren mit einem besonders starken Ozonabbau zeigen, dass sich der Ozonanteil der Atmosphäre über der deutschen Forschungsstation Neumayer in der Zeit von Mitte bis Ende August, also innerhalb von etwa zwei Wochen, um circa 40 Prozent reduziert hatte. Innerhalb der eigentlichen Ozonschicht in einer Höhe von 15 bis 17 Kilometern waren zur selben Zeit die maximalen Ozonkonzentrationen sogar um 70 Prozent und mehr gesunken.
Mehr Hintergrundinformationen zum Thema Ozon finden Sie u.a. unter:
http://ozone.unep.org/new_site/en/faqs_eeap_1998.php#firstappear und
http://ozonewatch.gsfc.nasa.gov/
Ralf Röchert Kommunikation und Medien
Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung