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Ein stählernes Flügeltor öffnet sich - und zum Vorschein kommt eine der modernsten wissenschaftlichen Antennen-Messanlagen Europas. Die Compact Test Range wird seit Februar 2010 vom Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen betrieben. Antennen vermessen - wozu?

Ob im Radio, zur Navigation oder im Mobiltelefon: Antennen verrichten ihre Aufgabe unauffällig. Sie werden jedoch gezielt für eine Anwendung entwickelt. Die Bestimmung der Eigenschaften, die so genannte "Antennen-Charakteristik" ist ein wesentlicher Bestandteil der Antennenentwicklung. Die Compact Test Range ermöglicht den Entwicklern dabei Vermessungen mit höchster Genauigkeit.

"Wir überprüfen in der Messanlage die Richtcharakteristik der Antenne - in welche Richtung sie besonders gut bündelt oder welchen Gewinn sie hat. Mit diesen Ergebnissen können wir Aussagen über die Leistungsfähigkeit der Antenne machen. Zur Charakteristik gehören ferner Daten wie Empfindlichkeit und Polarisation", erklärt Projektleiter Markus Limbach vom DLR-Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme und ergänzt: "Auch das Phasen-Zentrum zu kennen ist wichtig, besonders bei Navigationsantennen. Dies ist der Bezugspunkt, der in diesem Fall zur Positionsbestimmung verwendet wird."

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Darüber hinaus wird die Messkammer zur Bestimmung des "Radar-Rückstreu-Querschnitts" (RRC) von Objekten eingesetzt. Dieses Maß gibt an, wie stark ein Körper elektromagnetische Wellen reflektiert. Die Kenntnis der Radarrückstreuung wird unter anderem angewendet, um die Verkehrsicherheit von Schiffen, Flug- und Fahrzeugen zu erhöhen.

Aufbau der Anlage

Durch die Integration der Messanlage in das TechLab-Gebäude steht dem Institut ein modernes Laborumfeld zur Verfügung. Nach Durchschreiten des Foyers gelangen die Mitarbeiter auf der linken Seite zur Laborhalle des TechLab. Die Compact Test Range bildet dort den stattlichen Mittelpunkt, mit einer Länge von 24 Metern, einer Breite von 11,7 Metern und einer Höhe von 9,7 Metern. Von Außen eine schlichte Box aus Stahl, zeigt sich die Messkammer im Inneren futuristisch: eine Wandverkleidung aus zehntausenden Absorberspitzen, zwei mächtige gebogene Reflektorspiegel sowie ein Drehturm zur Vermessung von Antennen und anderen Testobjekten.

In dieser Innenanlage ist es den DLR-Wissenschaftlern möglich, die Eigenschaften von Antennen unter konstanten Bedingungen zu bestimmen - eine Voraussetzung für höchste Messgenauigkeit. Zum Vergleich: Ergebnisse aus klassischen "Freifeld"-Messungen im Gelände unterliegen Schwankungen, zum Beispiel durch Wetter- oder Umgebungseinflüsse. Diese Methode genügt den heutigen Anforderungen in vielen Fällen nicht mehr. Mit der Compact Test Range hingegen verfügt das DLR über ein Messsystem, das den zukünftigen Ansprüchen gerecht wird.
Messergebnis in 3D: Das Diagramm zeigt die Eigenschaften der Antenne - die Vorzugsrichtung (roter Bereich) ist hier deutlich zu erkennen.

antennenmesstechnik_fuer_morgen-dlr
Messergebnis in 3D: Das Diagramm zeigt die
Eigenschaften der Antenne - die Vorzugsrichtung
(roter Bereich) ist hier deutlich zu erkennen.
(Bild: DLR)

Besondere Funktionsweise

Für die Vermessung von Antennen im Fernfeld gilt eine Grundvoraussetzung: Das von der Testantenne empfangene Signal muss "gleichmäßig", die elektromagnetische Welle also geradlinig sein. Ist die Teststrecke aber zu kurz, sind die Wellen gekrümmt. Sie treffen dann in verschiedenen Winkeln und mit Zeitverzögerungen auf die Testantenne - verzerrte Messerergebnisse wären die Folge.

Die Messanlage in Oberpfaffenhofen löst dieses Problem auf eine besondere Weise: Zwei Umlenkspiegel verwandeln das eingehende Signal in eine ebene Wellenfront. Die "Test Range" ist zwar auf den ersten Blick nicht "compact" - in der Messkammer können jedoch auch Messstrecken von mehreren Kilometern Länge nachgebildet werden. Das innovative System ersetzt somit Freifeld-Messungen, die oft aufwändig und weniger präzise sind.

Die gerade Welle

Was passiert nun in der Anlage? Zunächst wird die zu vermessende Antenne auf dem Drehturm befestigt. Um ihre räumlichen Eigenschaften zu bestimmen, wird sie in einem Messfeld gedreht. So können die DLR-Wissenschaftler die richtungsabhängige Empfangsleistung der Antenne messen. Sie beleuchten die Testantenne mittels einer zweiten Antenne mit elektromagnetischen Wellen, ähnlich dem Licht. Die zunächst kugelförmige Welle der Sendeantenne wird in der Kammer dann über zwei gekrümmte Reflektorspiegel gelenkt und so in eine geradlinige Welle umgeformt. Erst diese geebnete Wellenfront trifft dann auf die Testantenne für Messungen. Dieser komplexe Vorgang erklärt sich anhand einer einfachen Analogie:

Ein Stein wird ins Wasser geworfen - es entstehen Wellen, genauer, konzentrische Kreise. Ein Abschnitt des Kreises kann aus großer Entfernung als gerade Linie betrachtet werden. Die dafür benötigte Distanz kann mehrere Kilometer betragen. Im Fall der Compact Test Range wird dies umgangen, indem zwei gekrümmte Reflektorspiegel in den Lauf der kreisförmigen Welle eingebracht werden. Nach der Reflexion verläuft die eigentlich kreis- beziehungsweise kugelförmige Welle "gerade". Die Antenne empfängt nun ein Signal, das ihren realen Betriebsbedingungen entspricht.

Zukunftstechnologie

Das DLR-Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme nutzt die Compact Test Range nicht nur für Tests, sondern auch für die Entwicklung und Charakterisierung eigener Antennen. Die Anforderungen an Antennen steigen mit den Aufgaben. Das gilt insbesondere für Weltraumanwendungen, wie für die Radarsatelliten TerraSAR-X und TanDEM-X. Ziel der Antennenspezialisten ist, das System durch die Entwicklung neuer und innovativer Messmethoden an den kommenden Aufgaben auszurichten.

(Quelle: DLR)

 

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