MOSKAU, 19. Februar 2009 - Wohin nicht alles sich der menschliche Gedanke hin wagte, um uns in große Höhen zu bringen!
Einst soll es ein Wundertrank gegeben haben, das uns zu einem pfeilschnellen Flug über den Wolken verhalf. Dann gab es Raumschiff in Form eines Flugzeugs, aber mit unbegrenzten Möglichkeiten. Wir kennen auch simplere Phantasien, in denen aus der Erde etwas so hoch wächst, dass bis zum Weltraum nur noch ein Katzensprung ist.
Übrigens könnte gerade die "primitive" Variante, wie es aussieht, am ehesten Wirklichkeit werden.
Gemeint ist die Schaffung eines so genannten Weltraumlifts, dessen Entwicklungsprogramm sich in letzter Zeit merklich beschleunigt hat. Vor allem dank dem Fortschritt in der Produktion von ultrafesten leichten Werkstoffen.
Stellen wir uns ein einfaches Bild vor. Jemand hat an ein Strickende einen Stein angebunden und dreht dieses simple "Gerät" mit der Hand. Was sehen wir? Der Stein dreht sich, und unter der Einwirkung der Fliehkraft ist der Strick gespannt.
Bemühen wir unsere Vorstellungskraft, so kommen wir zu folgendem Schluss: Wenn wir das eine Ende des "Stricks" am Äquator und das andere an einem Satelliten befestigen, wird dieselbe Fliehkraft das Fallen des Stricks zur Erde verhindern. Denn die Gravitationskraft der Erde vermindert sich proportional zum Quadrat der Entfernung, während die Fliehkraft mit der Vergrößerung der Entfernung zunimmt.
Wie Berechnungen zeigen, wird diese Kraft in einer Höhe von ca. 42 000 Kilometer der Schwerkraft entsprechen. Wenn man es also fertig bringt, ein mehrere Zehntausende Kilometer langes Seil anzufertigen, entsteht eine direkte Seilbahn von der Erde in den Weltraum.
Das ist keine Phantasterei, sondern vielmehr die Wirkung elementarer physikalischer Gesetze. Gerade diese "Einfachheit" der Idee lässt seriöse Wissenschaftler schon seit langem keine Ruhe.
Von einem Weltraumaufzug sprach bereits Konstantin Ziolkowski im Jahr 1895. Gegen 1960 veröffentlichte der sowjetische Ingenieur Juri Arzjutanow einen Artikel mit der ausführlichen Darstellung eines Weltraumfahrstuhls, wobei er zurecht auf den großen ökonomischen Nutzeffekt eines solchen Verkehrsmittels hinwies. Doch zu jener Zeit gab es keine Technik, mit der Werkstoffe von der erforderlichen Reißfestigkeit und Masse produziert werden hätten können.
Auf die Idee eines Weltraumaufzugs wurde erst in unserer Zeit zurückgegriffen. Allerdings taten das nicht russische Wissenschaftler, sondern die von der NASA. Im August 2000 wurde dort ein entsprechendes Projekt der Öffentlichkeit präsentiert, dem ein 50 Kilometer hoher gigantischer Turm auf der Erde zugrunde lag.
Am seinem Oberteil werden mehrere ultrafeste, etwa 35 000 Kilometer lange Seile verankert. Am anderen Ende, im Weltraum, werden die Seile an einen speziellen Satelliten angeschlossen. Über diese Seilbahn werden sich Plattformen mit elektromagnetischen Triebwerken bewegen, um Raumfahrer und Frachten zu befördern.
Das Vorhaben hatte allerdings einen Haken: Es gab keine "Stricke", mit denen das bewerkstelligt werden kann. Jetzt haben die Briten, wie es scheint, Abhilfe geschaffen.
Nanotechnologen in Cambridge haben einen leichten Kohlenstofffaden entwickelt, der sich durch die Flexibilität und eine sehr große Reißfestigkeit auszeichnet. Bislang können die Wissenschaftler freilich nur ein Gramm des Stoffes pro Tag herstellen. Das reicht übrigens, um einen Faden von 29 Kilometern Länge anzufertigen.
Für einen "Fahrstuhl" in den Weltraum werden 232 000 Kilometer dieses Fadens notwendig sein. Deshalb werden noch ein paar Dekaden vergehen und nach NASA-Schätzungen über 10 Milliarden Dollar ausgegeben, bevor so ein Fahrstuhl in den Weltraum starten kann.
Trotzdem lohnt sich diese Anstrengung. In der NASA herrscht die Meinung vor, dass es dank niedrigen Betriebskosten höchstens anderthalb Dollar kosten werde, ein Kilogramm Fracht in den Orbit zu bringen.
Es ist klar, dass der Bau eines Weltraumaufzugs das grandioseste Vorhaben der Menschheitsgeschichte sein wird. Zu bewältigen ist das Projekt wegen der enorm vielen wissenschaftlich-technischen, materiellen und politischen Probleme nur bei enger internationaler Kooperation.
(Andrej Kisljakow für RIA Novosti)
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