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Man kann es schon fast als Tradition bezeichnen, aber jedesmal wenn wir in Grainau sind, gibt es zwei Orte, die auf jeden Fall aufgesucht werden: Die Zugspitze und die Höllentalklamm.
Nun könnte man meinen, daß nach so vielen Jahren es langsam langweilig wird:... immer wieder auf die Spitze, immer wieder in die Klamm... .
Bis jetzt ist kein Jahr wie das andere gewesen. Jedesmal gab es irgendwelche Veränderungen, die unsere Touren abwechslungsreich und interessant machten.
Dadurch, daß wir immer nur knapp 4 Tage zur Verfügung haben, wird das Programm in groben Zügen schon vorher festgelegt. Vor Ort bei Kenntnis der konkreten Situation werden dann die Einzelheiten geklärt.
Genauso war es auch diesesmal wieder.
Das ausgezeichnete Wetter bescherte uns nicht nur eine herrliche Fernsicht von der Zugspitze und Funkverbindungen zwischen Florenz und Bonn sondern verhieß auch beste Bedingungen für die Wandertour durch die Höllentalklamm.

Montag, der 22.06.98, war unser Wandertag.
Wie immer wurde ausgiebig gefrühstückt.
Mit der entsprechenden Ausrüstung im Rucksack marschierten wir von Grainau auf dem kürzesten Weg zur Höllentalklamm.
Wir hatten uns eine touristische Wanderkarte besorgt und konnten so sicher unseren Weg finden. Trotz einer Wolkendecke betrug die Lufttemperatur ca. 23°C. Erst im Wald sank die Lufttemperatur auf 18-20°C. So kam wir zügig voran und erreichten nach 4,5 km die Höllentalklammhütte. Hier wurde die erste größere Rast gemacht. Bei einer Tasse Kaffee und einem leckeren Stück Obstkuchen genossen wir den herrlichen Blick in das Tal Richtung Garmisch- Partenkirchen. Wir hatten hier immerhin schon eine Höhe von 1100m üNN erreicht.
Diese Hütte war sozusagen das Eingangstor zur Höllentalklamm.
Die Höllentalklamm ist eine tiefe Spalte zwischen dem Waxensteingebirge und dem Ausläufer der Alpspitze. Ende des vorigen Jahrhunderts wurde diese Gebirgsspalte erschlossen und für Besucher während der Sommerzeit begehbar gemacht. Etwa 1,5 km wird man durch Spalten und Tunnelgänge geführt. Ständig fällt mal mehr, mal weniger Wasser nieder. Man hat das Gefühl, durch einen kilometerlangen Wasserfall zu laufen. Das ständige Tosen des Wassers am Grund der Felsenspalte erzeugt ein beklemmendes Gefühl. Gleichzeitig aber verspürt man so ein berauschendes Kribbeln im Bauch - Ehrfurcht und Staunen über diese grandiose Natur. So etwas kann man nicht beschreiben. So etwas muß man erleben. Nach etwa 1500m verbreiterte sich die Spalte und öffnete sich zu einem wunderschönen Tal mit Blick auf die Steilhänge der Zugspitze.
Wir machten eine kurze Pause, um die Regenschutzkleidung auszuziehen, die wir uns an der Höllentalklammhütte vor dem Einstieg angezogen hatten.

9806 01Inzwischen stand die Sonne fast senkrecht und der weitere Aufstieg trieb uns den Schweiß auf die Stirn und sammelte sich an den unmöglichsten Körperstellen. Da boten die Reste riesiger Altschneefelder eine willkommene Abkühlung.


Unser nächstes Ziel war die Höllentalanger-Hütte in etwa 1400m Höhe.
Unser Weg führte an Schneeresten vorbei durch das Höllental, auf dessen Sohle eigentlich ein Bach fließen müßte. Jedenfalls war es im vorigen Jahr noch so. Jetzt war das Bett völlig trocken und als wir an der Hütte ankamen, war von den Flußbett nichts mehr zu sehen, denn es war durch eine Geröllhalde verschüttet.
Offensichtlich eine Folge des geringen Niederschlags im letzten Winter.
In der Angerhütte machten wir die nächste große Rast. Nach dem Mittagessen und einem zünftigen "Radler" schauten wir uns den jetzt noch vor uns liegenden Weg auf unserer Karte an. Für uns war klar, die letzte Seilbahnabfahrt vom Osterfeldkopf müßten wir locker schaffen. So gegen 13.30 Uhr machten wir uns auf den Weg in Richtung Osterfeldkopf/Seilbahnstation. Der Weg war gut begehbar und so kamen wir zügig voran. Nach einiger Zeit wurde der Weg steiler und wir bekamen die Steigung zu spüren.

9806 02Der Weg führte unmittelbar am Steilhang entlang und verlangte die ganze Aufmerksamkeit für einen sicheren Tritt und festen Halt. Wir mußten öfter Pausen machen und jedesmal, wenn wir anhielten und uns umblickten, waren wir fasziniert über die erreichte Höhe und den herrlich Ausblick.9806 03

Der Blick auf die Uhr trieb uns aber weiter und höher.
Und genau da lag auch das Problem:
Nach unserer Karte hätte es hier irgendwo durch den Berg gehen müssen, d.h. eine Schlucht oder Felsspalte müßte zur anderen Seite des Berges führen. Aber hier war weit und breit nichts ähnliches zu sehen. Anfangs trösteten wir uns mit dem Gedanken, daß wir noch höher müßten und noch den Felsen und den Felsen umgehen müssen und dann wird der Durchbruch schon kommen.
Als wir schon die Baumgrenze unter uns hatten, kam uns eine Gruppe von Bergwanderern entgegen. Da schöpften wir wieder Mut und kletterten weiter. Ja, kletterten , denn der Weg hatte sich in einen Pfad verwandelt und nach einiger Zeit blieb von dem Pfad nur noch eine Spur übrig, die obendrein auch noch ausschließlich aus Schotter und Geröll bestand. Der Anstieg war inzwischen so stark geworden, daß wir immer öffter die Hände für die Absicherung zu Hilfe nehmen mußten.Wir hatten aber Gott-sei-Dank die richtigen Schuhe an.
Inzwischen kämpfte jeder mit sich und dem Zweifel, ob wir überhaupt das Ziel erreichen würden, geschweige dann rechtzeitig.
Diese Zweifel und die nun merkliche körperliche Anstrengung erschwerten den weiteren Aufstieg ungemein. Anfangs habe ich versucht, die Zweifel der anderen mit Optimismus zu zerstreuen aber spätestens an der Schneegrenze, wo die ersten Schneefelder uns den Weg versperrten und augenscheinlich keine Schlucht und keine Spalte zu erkennen war, kam auch ich nicht mehr gegen diese Zweifel an. Also wurde der weitere Aufstieg erstmal gestoppt. Die bisherige Anstrengung war allen ins Gesicht geschrieben und jeder hatte noch mit seinen ganz individuellen Problemchen zu kämpfen. Der Blick auf die Uhr und die geschätzte Aufstiegszeit bis zu dem von uns vermuteten Durchstieg durch den Felsen führte zu der Schlußfolgerung, daß wir die letzte Seilbahn nicht mehr erreichen würden. Das würde heißen, daß wir auf dem Osterfeldkopf übernachten müßten. Ob das überhaupt ginge, war aus dem Kartenmaterial nicht erkennbar. Wieder Zweifel........!
Eine andere Tatsache, die wir während der Anstrengungen des Aufstiegs gar nicht so wahrgenommen hatte, beflügelte dann aber unsere Entscheidungsfindung erheblich:
Der Himmel hatte sich zugezogen und ein dunkles Wolkenfeld umhüllte die Berge und ließ unser Ziel im dichten Nebel verschwinden. Der Gedanke, im dicken Nebel in 2000m Höhe durch die Felsen zu klettern ließ einem dann doch schon die "Haare zu Berge" stehen. Damit war die Entscheidung klar: Wir gehen zurück !
Mit einer gewissen Erleichterung, denn das Ziel war wieder klar und faßbar, begannen wir den Abstieg.
Erst jetzt merkten wir, daß wir unseren ungeübten Körpern etwas viel zugemutet hatten. Die Muskeln und Gelenke der Beine meldeten sich mit kräftigen Signalen, die mit jedem Schritt stärker wurden. Man sagt ja , daß das Abwärtsgehen anstrengender sei als das Aufwärtsgehen aber ich sage, es ist eine Tortour. Ich habe jede Gangart ausprobiert, um meine schmerzenden Kniegelenke zu entlasten. Zeitweise bin ich rückwärts gegangen - es muß ein tolles Bild gewesen sein. Ich tröstete mich damit, daß es den anderen nicht viel besser ging.
Als wir in der Angerhütte wieder ankamen, saß die Bergwandergruppe, der wir unterwegs begegnet waren, auch noch dort. Da sie offensichtlich den gleichen Weg gegangen sind wie wir nur in umgekehrter Richtung, fragten wir, wie lange es noch gedauert hätte und ob wir es bis zur letzte Seilbahn noch geschafft hätten von der Stelle aus, wo wir uns getroffen hatten. Sie meinten lächelnd, es wäre etwa der halbe Weg gewesen und etwas ernster fügten sie hinzu, die Seilbahn hätten wir auf keinen Fall geschafft. Im übrigen hätten sie sich schon gewundert, daß wir dort ohne Kletterausrüstung auf dem Spurpfad waren, denn für den Durchstieg sei eine wenn auch einfache Kletterausrüstung nötig gewesen.(das zum Thema touristische Wanderkarte, diese wies den Weg als mittleren Schwierigkeitsgrad aus...)
Wir lächelten verständig und dankbar zurück. Innerlich wurde wohl jeder etwas blaß..........!
Den Rückweg durch die Höllentalklamm mit dem ewig rieselnden Wasser konnten wir gar nicht richtig genießen.
Eine kleine Erleichterung brachte ein kräftiger Schluck "Enzian", den wir in der Höllentalklammhütte zum Abschied tranken.
Nachdem wir glücklich und kapputt im Hotel wieder angekommen waren, gönnten wir uns ein paar Minuten zur Erfrischung.
Aber wir ließen es uns auch an diesem Abend nicht nehmen, mit einem angemessenem Abendbrot in einer der vielen gemütlichen Gaststätten, natürlich bei einem zünftigen "Hefeweizen", diesen Tag ausklingen zu lassen.


73 de Willy DD6UMW

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