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Nur wenige sind mit der Mikrowelt der Nanotechnologien bekannt. Die kühnsten Vermutungen von "wissenden" Laien lauten, das sei "etwas aus der Robotertechnik".

[von Dr.-Ing. Juri Saizew]

Der Terminus "Nanotechnologie" kommt vom Wort Nanometer beziehungsweise Millimikron, einer Maßeinheit, die einem Milliardstel Meter gleich ist. Die Nanometergröße ist wichtig, weil bei solchen Ausmaßen die quantenmechanischen Eigenschaften von Elektronen und Photonen sowie das Zusammenwirken der Atome innerhalb der Materie die Hauptrolle spielen.

Die Nanometergröße ist wichtig, weil bei solchen Ausmaßen die quantenmechanischen Eigenschaften von Elektronen und Photonen sowie das Zusammenwirken der Atome innerhalb der Materie die Hauptrolle spielen.

Einer der "Nanotechnologen" hat geäußert: Wird ein Stein in einen Teich geworfen, so zieht das an der ganzen Wasseroberfläche Kreise; die Steinmasse ist weit geringer als die Wassermasse, dennoch kann der Stein auf das Verhalten des ganzen Teiches einwirken. Ähnlich können Strukturen von Nanometergröße auf die fundamentalen Eigenschaften von Stoffen einwirken, ohne hierbei ihre chemischen Eigenschaften zu verändern.

Mittels Nanotechnologien kann ein "ewiges" Speisungselement geschaffen werden, das keine Nachladung brauchen wird; eine molekulare Kapsel, die eine Medizin unmittelbar an das kranke Organ oder einen bestimmten Abschnitt des menschlichen Körpers zu liefern vermag; Materialien mit bisher nie da gewesenen optischen, elektrischen und magnetischen Eigenschaften. Die Entwicklung der modernen Elektronik zum Beispiel geht den Weg der Verkleinerung der Abmessungen von Vorrichtungen. Doch die klassischen Produktionsmethoden erreichen bereits ihre natürliche wirtschaftliche und technologische Grenze, bei der die Größe einer Vorrichtung nur wenig verringert wird, der ökonomische Aufwand aber exponentiell ansteigt. Zu den perspektivischen nanoelektronischen Produkten gehören der Speicher, die Logik, passive optische Komponenten, Autoemissionseinrichtungen, flache Displays und Lichtdioden.

Vielversprechend erscheinen Nanophotonik und Nanobiotechnologie. Zur Ersten gehört die Entwicklung von hochintegrierten Komponenten der optischen Kommunikation unter Anwendung von Technologien der Nanooptik und der Nanoproduktion. Die Nanobiotechnologie ist eine Hybriddisziplin, in der die Biologie mit der Nanoelektronik vereint ist. Eine ihrer Richtungen ist die Schaffung mannigfaltiger Diagnoseinstrumente aus mehreren mikroskopischen Gebern, die fähig sind, bestimmte biologische Moleküle oder einzelne DNS-Spiralen aufzudecken. Diese Vorrichtungen werden eine weit schnellere und genauere Diagnostik von komplizierten Erkrankungen sichern. Ein einziger Nanochip beispielsweise wird die volle Diagnose anhand eines einzigen Bluttropfens liefern.

Führend in der Nanotechnologie sind heute die USA, Europa und Japan. Leider muss festgestellt werden, dass Russland im Bereich der Entwicklung und Anwendung von Nanotechnologien um 7 bis 10 Jahre hinter ihnen zurückgeblieben ist. Gleichzeitig aber entsprechen nach Einschätzung sowohl russischer als auch ausländischer Experten die Ergebnisse der einheimischen theoretischen Forschungen auf diesem Gebiet dem Weltniveau, und in einigen Richtungen sind sie den ausländischen voraus.

Russlands Präsident Wladimir Putin verfügte, "die Nanotechnologie zur Fließbandproduktion zu steigern", und versprach: "Das ist jene Tätigkeitsrichtung, für welche der Staat nicht mit Geld geizen wird. Es geht nur darum, diese Arbeit richtig zu organisieren und die Geldmittel, die für die Realisierung dieses Programms angefordert werden, effektiv auszugeben und das erwartete Ergebnis zu bringen. Sehr wichtig ist es auch, die im wissenschaftlichen Milieu so notwendige Konkurrenz zu sichern", betonte der Präsident.

Als aktuell wird in diesem Zusammenhang die Frage nach der Thematik der vorrangigen wissenschaftlichen Entwicklungen betrachtet. Im Grunde handelt es sich darum, welcher Teil der Geldmittel für die Grundlagen- und welcher für die Zweckforschungen bereitzustellen ist. Die Ersteren lassen eine technologische Idee und die Wege zu ihrer Realisierung begründen. Die Zweiteren sichern optimale technologische Charakteristiken des Produktionsverfahrens. Bei einer Störung des Gleichgewichts zwischen ihnen zieht sich die Entwicklung der Technologie in die Länge und bedingt einen überflüssigen Aufwand.

Ein weiteres Problem besteht darin, dass die nanotechnologische Revolution, anders als die vorherigen globalen Industrierevolutionen, kraft ihrer überaus hohen Geheimhaltung in Form und Inhalt national ist. Deshalb sind die Hoffnungen absolut illusorisch, dass man die Kenntnisse von Nanotechnologien aus wissenschaftlichen Publikationen ausländischer Forscher schöpfen und dann im eigenen Land die Ausarbeitungen, die für das Werden der Nanoindustrie notwendig sind, damit bereichern könnte. Diese Kenntnisse wird man selbstständig sammeln müssen. Hierbei kann die Vielfalt der Zweigrichtungen, die zahlreichen Aspekte der zu lösenden Aufgaben sowie die Forschungen und Entwicklungen in verschiedenen Stadien des Innovationszyklus und von verschiedener Bestimmung zum Doublieren der Forschungen führen und bei der Übermittlung von Informationen und Erfahrungen zwischenbehördliche Schranken aufbauen. Hierher gehören auch die beschränkten Möglichkeiten der Übermittlung von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen, die nicht aufeinander eingestellte Infrastruktur und die geringe Entwicklung von einigen ihrer Elemente. All das führt unvermeidlich zur Verstreuung der Haushaltsressourcen auf viele Richtungen.

Was die Grundlagenforschungen betrifft, so ist es zweckmäßig, sie zu einem einzigen Nationalprogramm zusammenzuschließen. An sich sind die Grundlagenforschungen unerschöpflich, so dass die volle Realisierung jeder Idee sehr kostspielig ist. Doch lassen sie sich mit der Ansammlung eines größeren oder geringeren Umfangs neuer Informationen durchführen. Deshalb wird man sich bei begrenzten Geldmitteln mit weniger informativen und folglich billigeren Forschungen begnügen müssen, wenn sie den kritischen Wissensumfang in genügendem Maße auffüllen können.

Diese letzte Bedingung entscheidet faktisch darüber, welcher Anteil am Gesamtumfang als im Rahmen der Suche auf dem Gebiet der Grundlagenforschungen vernünftig zu betrachten ist.

Bis heute hat der Staat in die Nanotechnologien gemäß verschiedenen Zielprogrammen, das staatliche Rüstungsprogramm mitgerechnet, bereits an die 150 Milliarden Rubel (umgerechnet 4,3 Milliarden Euro) investiert. German Gref, Minister für Wirtschaftsentwicklung und Handel, hat erklärt, dass 2007 für die Entwicklung dieser Technologien 12 Milliarden Rubel vorgesehen sind - ein, am Umfang der Finanzierung der russischen Wissenschaft gemessen, gigantischer Betrag. Beim Ministerium für Bildung und Wissenschaft wird allerdings eine andere, um eine Milliarde geringere Zahl genannt. Aber in jedem Fall ist das ein Vielfaches des Betrages von 2,5 Milliarden Rubel, der 2006 bereitgestellt wurde. Heute steht der russische Etat der Nanotechnologien, aufs Jahr umgerechnet, dem amerikanischen nicht nach.

Den Prozess wird eine eigens dazu gegründete Korporation für Nanotechnologien mit dem Russischen Forschungszentrum "Kurtschatow-Institut" an der Spitze lenken. Dem Institut wird der Status eines nationalen Laboratoriums zuerkannt. Zwecks Einrichtung dieses Zentrums und des ganzen Netzes der Nanoindustrie ist im Lande das Föderale Zielprogramm "Entwicklung der Infrastruktur der Nanoindustrie bis 2010" ausgearbeitet und der Regierung vorgelegt worden. Das Programm soll die führenden Forschungs- und Bildungszentren des Landes mit der fortschrittlichsten wissenschaftlich-technologischen und metrologischen Basis versorgen.

Das Kurtschatow-Institut wird die Verteilung der Geldmittel koordinieren. Aber das Problem der Lenkung der Ausgaben bleibt: Es kommt darauf an, dass das Geld und die Möglichkeit, mit teurer Ausrüstung zu arbeiten, wirklich auf die stärksten Labors und Institute konzentriert werden. Die Konkurrenzvorzüge müssen jenen "Firmen" gehören, die es verstehen, auf der Grundlage wissenschaftlicher Kenntnisse Menschen, Prozesse und Technologien zu vereinigen, damit eine Produktion geschaffen werden kann.

In der Welt wird die "junge", aber aussichtsreiche nanotechnologische Macht bereits beachtet. Ausländische Analytiker raten Interessenten zu, beim Investieren in die russische Wirtschaft nicht so sehr auf ihre Erdöl- und Erdgasressourcen zu setzen, wie vielmehr auf Nanotechnologien, so dass diese Richtung in Russland weite Perspektiven hat.

[ria-novosti]

 

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