Wegen der globalen Klimaerwärmung kommt es immer häufiger zu Gewittern - auch dort, wo es sie früher nicht gab. Was in der Atmosphäre vor sich geht und wie das die Natur beeinflusst – das erfahren Sie in diesem Artikel.
Im August des vergangenen Jahres gab es am Nordpol ein starkes Gewitter, bei dem 48 Blitzschläge gezählt wurden. Der nationale Wetterdienst der USA veröffentlichte eine spezielle Pressemitteilung, in der betont wurde, dass es das nördlichste Gewitter in der Geschichte der Wetterbeobachtungen gewesen sei. Eine solche Anzahl von Blitzen sei überhaupt unglaublich.
Diese Intensität der elektrischen Entladungen in der Atmosphäre ist für Tropengebiete typisch, wo die Sonne die Erdoberfläche stark erwärmt und große Massen feuchter Luft nach oben treibt. Die Reibung der Teilchen erzeugt Hochspannungsimpulse. In den nördlichen Breiten ist das in der Regel unmöglich, weil die Gewitter dort anders verliefen.
Offenbar bildete sich in den mittleren Schichten der Atmosphäre warme und feuchte Luft. Das sei ein Ergebnis des Klimawandels, so Experten. Das anomal warme Wetter in der Arktis im Sommer 2019, die beschleunigte Eisschmelze und der Rauch von beispiellosen Waldbränden führten dazu, dass am Nordpol ein tropisches Gewitter ausbrach.
Es wird heißer
2014 kamen Wissenschaftler der University of California in Berkeley (USA) nach der Analyse der Wolkendichte zu dem Schluss, dass die Zahl der elektrischen Entladungen in der Atmosphäre in diesem Jahrhundert in der ganzen Welt deutlich zunehmen wird. In einigen Teilen der Welt – z.B. über dem kontinentalen Teil der USA - fast um die Hälfte. Laut Einschätzung der Verfasser eines entsprechenden Studienprojekts erhöht ein Temperaturanstieg um einen Grad Celcius die Zahl der Blitze um 12 Prozent.
Je wärmer die Atmosphäre, desto mehr Luftfeuchtigkeit. Je feuchter die Luft, desto höher die Wahrscheinlichkeit eines Gewitters.
Experten der Stanford University analysierten die Angaben eines globalen Projekts zum Vergleichen und Analysieren der Klima-Modelle CMIP, das bereits 1995 startete. Dabei fanden sie heraus, dass selbst bei einem unbedeutenden Anstieg der Lufttemperaturen Bedingungen entstehen, die starke Gewitter fördern. Besonders im Frühjahr und Herbst.
Zudem soll laut Klimamodellen in den kommenden Jahren an der Ostküste der USA das Risiko von Hurrikanen und Tornados steigen.
Blitze
Laut Forschern der University of Houston entstehen anomale Wetterverhältnisse, darunter starke Gewitter und Hurrikane, weil die Erwärmung den Lorenz-Zyklus beeinflusst – den Prozess der Umwandlung potentieller Energie von atmosphärischer Wärme in Druckenergie der Luftmasse.
Auf Grundlage der Angaben der Klima-Satelliten der NASA und des US-Verteidigungsministeriums, die 1979 bis 2013 erhalten wurden, wurde festgestellt, dass sich der Wärmeumsatz und die Umwandlung eines Energietyps in einen anderen beschleunigen und ihre Überschüsse sich zunehmend rasanter in Stürme, Hurrikane, Zyklone und Antizyklone verwandeln.
Wetterforscher des Massachusetts Institute of Technology MIT, die sich mit demselben Problem befassten, prognostizieren einen Anstieg der Zahl der starken Gewitter und windlosen Tage, was sich wiederum negativ auf das Leben in den Städten in der nördlichen Hemisphäre auswirken wird.
Die Wissenschaftler, die die Daten der Klima-Satelliten und Bodenstationen nutzen, stellten fest, dass das durchschnittliche Niveau der potenziellen Energie, die sich in der Atmosphäre der mittleren Breiten befindet, alle zehn Jahre um 1,5 Prozent sank. Das kann zu einer starken Abschwächung der Zyklone in gemäßigten Breiten, zum Rückgang der Übertragung der Wärme vom Süden in den Norden, zur Zunahme von starken Regenfällen und Stürmen führen. Und es wird mehr Gewitter geben.
Das ist eine schlechte Nachricht für die Natur. Die Hälfte der Waldbrände resultiert aus Blitzschlägen.
Darüber hinaus können Gewitter die Treibhausgase in der Atmosphäre beeinflussen. Auf der einen Seite wird die Ozonmenge steigen. Auf der anderen Seite bilden sich bei Blitzschlägen Stickstoffoxide, die die Konzentration von Methan senken.
von Alfia Jenikejewa
(Quelle: Sputnik Deutschland / Copyright © Sputnik)